VIP-Pomeranzen aus Sevilla für die Marmelade der Queen
Jedes Jahr im Februar und März findet in Sevilla die Bitterorangenernte statt. Eine kuriose Tatsache bleibt, dass die Sevilla-Orangen des Real Alcazar, dem ältesten in Europa genutzten Königspalast, traditionell dem Britischen Königshaus vorbehalten waren. Dabei handelt es sich um eine Tradition vom Anfang des 20. Jahrhunderts, die verloren gegangen war, und jetzt glücklicherweise wieder hergestellt wurde. Kistenweise gelangen die Bitterorangen der Bäume des Real Alcazar in Form von Marmelade in den Buckingham Palast nach London. Die Umwandlung von Zitrusfrüchten in Marmelade erfolgt aber schon in der Residenz des Britischen Botschafters in Spanien, Hugh Elliot, der sich kürzlich in einem Brief an die Direktorin des Real Alcazar für das Geschenk bedankte und versicherte, dass die Orangen „sehr geschätzt werden“ und die Herstellung in Bitterorangenmarmelade sozusagen eine „Verschmelzung beider Kulturen darstellt“.
Die privaten Gärten, die den Königspalast in Sevilla umgeben, nehmen eine Fläche von 7ha ein, auf der 1053 Orangenbäume wachsen, deren Früchte jedes Jahr geerntet werden, um die Blüte zu begünstigen, die sogenannte Azahar-Blüte, deren Duft im Frühjahr für Sevilla so charakteristisch und betörend ist. Und auch nur von den Früchten dieser Bäume, die sozusagen „ökologisch“ durch die hohen Alcazarmauern geschützt sind, darf die berühmte Bitterorangenmarmelade hergestellt werden.
Die von Hand gepflückten Früchte der insgesamt ca. 50.000 Orangenbäumen, die Sevillas Plätze und Gärten zieren und Straßen säumen, landen ansonsten fast ausschließlich auf dem Kompost, werden als Viehfutter genutzt oder finden in der Kosmetikindustrie Verwendung, denn die Qualitätsbestimmungen in der Lebensmittelindustrie sind streng.
Einer Legende zu Folge befindet sich in den Alcazargärten auch der älteste Bitterorangenbaum Spaniens. Angeblich wurde er in der Regierungszeit Pedro I im 14. Jahrhundert angepflanzt. Andere Quellen hingegen berichten, dass dieser selbe Baum, der sich in unmittelbarer Nähe des Pavillons Karl V befindet, anlässlich der Hochzeit des Kaisers im Palast mit der portugiesischen Prinzessin Isabel im 16. Jahrhundert gepflanzt wurde.
Gewiss ist, dass die Bitterorange ihren Ursprung in China hat und im Mittelalter mit den Arabern nach Europa kam und in Spanien bereis seit dem 11. Jahrhundert nachgewiesen ist. Der spanische Name naranja leitet sich aus dem Arabischen ab und ist der Ursprung für das Wort Orange.
Die ebenfalls gültige Bezeichnung Pomeranze leitet sich wiederum vom lateinischen pomum aurantium, „Goldener Apfel“ her.
Häufig assoziiert man mit dem eher umgangssprachlich abwertenden Begriff Pomeranze, gerne eine Frau ländlicher Provenienz. Die „Landpomeranze“ ist eine Bezeichnung aus der Biedermeierzeit am Anfang des 19. Jahrhundert und beschreibt darüber hinaus die frische Farbe des Teint mit roten Pausbacken.
Eine Pomeranzen-Rarität ist die „Deutsche Landsknechtshose“ oder Citrus aurantium Fasciata, die im reifen Zustand markant gestreift ist und auf die Hosentracht deutscher Landsknechte anspielt. Diese Tracht wird heute noch von der Vatikan-Garde getragen. Die gestreiften Fruchtschalen dieser Pomeranzen-Rarität färben sich während der Reife von grün über gelb zu orange.