Los Caños de Carmona in Sevilla - ein maurischer Aquädukt
Die sogenannten Caños de Carmona bezeichnen Reste eines Aquädukts aus dem 12. Jh, das die Stadt Sevilla seit der Römerzeit mit Wasser versorgte und heute noch z.T. sichtbar entlang der Calle Luis Montoto verläuft. Es handelt sich dabei um Reste einer Bogenkonstruktion, die eine Wasserleitung über eine Talebene bis nach Sevilla führte. Das frische Wasser entsprang einer Quelle mit Namen Santa Lucia in dem ca. 17 km entfernten Ort Alcala de Guadaira. Die Wasserleitung verlief zunächst unterirdisch bis auf Höhe des Cruz del Campo und ab dort als sichtbare Bogenkonstruktion extramuros bis zur Puerta de Carmona, benannt nach einem der nicht mehr vorhandenen antiken Stadttore Sevillas.
Der Aquädukt bestand ursprünglich aus über 400 Bögen und ist aus Ziegelstein errichtet; ein Material, das bevorzugt von den Mauren genutzt wurde aufgrund fehlender Steinbrüche in der näheren Umgebung Sevillas. Entgegen der Annahme, es handle sich um eine römische Konstruktion, weiß man mittlerweile, dass die erhaltenen Teilstücke aus der Almohadenzeit des 12. Jh. stammen, die Reste eines römischen Aquädukts nutzen. Letzterer wurde von der Forschung zwischen 68-65 v. Chr. datiert als Julius Cäsar die Colonia Iulia Romula Hispalis gründete, sprich das heutige Sevilla. Der Aquädukt wurde bei den Römern üblicherweise aus behandeltem Bruchstein errichtet, wobei die eigentliche Wasserleitung aus Opus caementitium bestand, vergleichbar unserem heutigen Beton.
Sobald das Aquäduktsystem die Stadt erreichte, wurde das Wasser in überdachte Zisternen verteilt und von dort aus zu verschiedenen Brunnen, öffentlichen Gebäuden, wie Bädern, oder privaten Palästen geleitet. In Sevilla hat sich noch ein castellum aquae aus dem 2.Jh. erhalten, das sich am höchsten Punkt der Stadt, im heutigen Barrio Alfalfa, befindet und den Endpunkt markierte.
Im 12. Jh. entdeckten die Almohaden während des Baues des Buhaira-Palastes (almunya) für den Kalifen Abu Yaqub Yusuf einen Bewässerungsgraben mit römischen Fundamenten. Um diesen Ort der Erholung mit seinen exotischen Gärten außerhalb der Stadt mit Wasser zu versorgen, rekonstruierten die Mauren zunächst in Verlängerung des Palastes die Reste des römischen Aquädukts bis nach Alcala de Gudaira. Anschließend erweiterten sie die Wasserversorgung bis zum Real Alcazar im Zentrum. Noch heute sind die Rohrleitungen aus Ton, die sich innerhalb der Stampflehmmauern befinden, gut sichtbar. Endpunkt im Palast war ein heute nicht mehr erhaltener Turm, von wo aus das Wasser in ein Auffangbecken (alberca), den heutigen Merkurteich, geleitet wurde.
Besonders eindrucksvoll ist diese maurische Wasserleitung im Barrio Santa Cruz, genauer gesagt im Callejon del Agua zu bewundern, wo eine Inschriftentafel nebenbei erwähnt, dass diese Tonröhren den Königspalast und seine 70.000 m2 großen Gärten noch bis 1912 mit Wasser versorgten. Das heißt, auch die christlichen Könige wussten, den maurischen Aquädukt zu schätzen, und nahmen über die Jahrhunderte Ausbesserungen und Instandhaltungmaßnahmen vor.
Wie gesagt, hatten nur die Könige das Recht auf eine eigene Wasserversorgung. Allerhöchstens gewährten sie gegen Zahlung die Genehmigung an Klerus und Adel. Erwähnenswert in dem Zusammenhang ist eine Wasserleitung, von der Quellen berichten, die von der Puerta de Carmona bis zur Casa de Pilatos, einem Adelspalast aus dem 16. Jh., verlief und die dortigen Gärten mit Wasser versorgte.
Am Ende des 19. Jh erfolgte, zwecks Stadterweiterung, der allmähliche Abriss der von den Almohaden errichten Befestigungsmauer. Etwa zur gleichen Zeit erteilte die Stadt britischen Ingenieuren die Genehmigung, das Kanalisationssystem Sevillas zu modernisieren und damit die Trinkwasserversorgung zu verbessern.
Es dauerte nicht lange bis städtebauliche Argumente und Hygienebedingungen den völligen Abriss des Aquädukts forderten. Dank greifender, erster Denkmalschutzgesetze Anfang des 20. Jh. konnten wenigsten Teilstücke der maurischen Cañons de Carmona erhalten werden; darunter die doppelte Bogenkonstruktion aus dem 12. Jh., die 1982 lobenswert restauriert wurde.
Sowie, unmittelbar daneben, eine einfache Bogenstellung, die sich deshalb konserviert hat, weil sie zwischen 1929-91 in eine Eisenbahnbrücke integriert wurde, die s.g. Puente de la Calzada. Die wiederum wurde wegen verbesserter Infrastruktur anlässlich der Expo 1992 entfernt.